Wie verrückt bin ich eigentlich wirklich? An dieser Frage komme ich nicht vorbei, wenn ich an O.B.Y. 1 zurückdenke. Keine Idee konnte abgedreht genug sein, um sie nicht in ein Computerspiel einbauen zu wollen. Ob ein EEG-gesteuertes Jump & Run Spiel, das mit Gehirnwellen bedient wird oder ein Rollenspiel, bei dem die Spieler per Radiosender miteinander ihr Inventar tauschen, alles schien mir möglich, doch nicht alles wurde realisiert. Zum Glück. Nicht weniger verrückt war die Idee, bei O.B.Y. 1 die Subliminal-Technik zur Motivationssteigerung einzusetzen.
Als Subliminals versteht man unterschwellige Botschaften, die nicht bewusst wahrgenommen und deshalb ausschließlich vom Unterbewusstsein verarbeitet werden. Das können akustische Signale sein, die in den Klangteppich der Musik eingebunden sind oder optische Signale, die nur für den Bruchteil einer Sekunde erscheinen und deshalb unerkennbar bleiben. O.B.Y. 1 setzte die zweite Technik ein. Um den Spieler bei Laune zu halten und ihm immer wieder deutlich zu machen, wie unglaublich gut das Spiel war, wurden während des Spiels gelegentlich Begriffe wie „Super“ oder „Top Game“ über das Sprite geblendet.
Wenn das Sprite kurz flackert...
Hier scheiden sich die Geister. Die Freunde von Verschwörungstheorien schließen nicht aus, dass unsere Medien voll von solchen unterschwelligen Botschaften sein könnten, aber so manche Studie zum Thema Subliminals wurde als unwissenschaftlich verworfen. In der Werbung geht man davon aus, dass überschwellige Werbung ohnehin eine größere Wirkung erzielt als unterschwellige Werbung. In der Esoterikszene gelten Subliminals als Methode der Selbsthilfe, die dabei helfen, eigene Verhaltensweisen über eine Neuprogrammierung des Unterbewusstseins zu verändern.
Ich kann nicht sagen, ob ich der erste Computerspiele-Entwickler war, der mit der Subliminal-Technik experimentierte und weiß auch nicht ob das jemand nach mir versuchte. Prinzipiell gehe ich immer davon aus, dass Ideen, die durch meine Gehirnwindungen laufen, auch bei anderen Menschen einmal aufblitzen. Wenn ich daran denke, dass ich bis heute auf das kleine Flackern in den Sprites von O.B.Y. 1 niemals angesprochen worden bin und dass sich offensichtlich auch niemand die Mühe gemacht hat, dieses einmal mit einem Standbild zu untersuchen, dann könnte ich mir durchaus auch vorstellen, dass ähnliche Praktiken in anderen Computerspielen oder Filmen ebenfalls unbemerkt bleiben. Ich jedenfalls spreche heute darüber (was mir nach mehr als 20 Jahren auch vergleichsweise leicht fällt), vielleicht werden andere diesem Weg folgen. Die Gefahr, dass ich so etwas noch einmal tue, ist auch nicht sehr groß: Ich entwickele derzeit nur noch Kartenspiele.
Vermutlich hätte O.B.Y. 1 diesen künstlichen Motivatoinsschub (wenn er denn überhaupt eine Wirkung hatte) gar nicht gebraucht. Denn das Spiel war recht ordentlich spielbar. (Und das kann ich gewiss nicht von allen meinen Spielen behaupten). O.B.Y. 1 wurde unter dem Label Magic Soft der Softwarefirma Software 2000 vertrieben und war in den Computerabteilungen der Kaufhäuser gut zu finden. Die genauen Verkaufszahlen habe ich allerdings nie erfahren, da gingen ein paar Informationen auf den verschlungenen Wegen der unterschiedlichen Vertagspartner verloren. Das Spiel wurde auch für den Amiga und den Atari ST umgesetzt. In der Amiga Version wurden als Hintergrundgrafiken Bilder von Robotern und leichbekleideten Frauen dargestellt, die manchmal nur wenig Bezug zum Spiel hatten. Ich war wohl in dieser Zeit ohnehin in einer recht manipulierfreudigen Phase.
Bei O.B.Y. 1 steuert der Spieler einen Roboter, der die Aufgabe hat, radioaktive Lecks mit Steinen zu versiegeln. Manche Levels waren strategisch angelegt, andere boten Geschicklichkeitsübungen. Die Steine waren dabei nicht nur das Instrument, um einen Level abzuschließen, sondern wurden auch eingesetzt, um den passenden Weg ins Ziel zu bauen.
Bei der Commodore 64 Version war ich nicht nur für das Konzept und das Programm zuständig, ich erstellte auch die Grafiken und „komponierte“ die Musik. Die Amiga und Atari ST Versionen wurden von anderen begabten Personen umgesetzt.
Besonders reizvoll war der 2-Spieler Modus, bei dem es den Spielenden freigestellt wurde, ob sie miteinander die Aufgaben lösen oder sich gegenseitig bekämpfen wollen.